„Das ist doch ein Nullschritt“

Was ist wirklich erlaubt und was nicht? – Beliebte Regelirrtümer im Check

Von Sebastian Siebert

Wer hat sie nicht schon einmal gehört? Sätze wie: „Das war doch ein Nullschritt, das können keine Schritte sein“ oder „Der wirft ins Gesicht, das ist Rot!“ oder etwa beim Siebenmeter den Klassiker „Fuß bewegt!“. Doch sind diese oft formulierten Forderungen von Spielern, Trainern und Zuschauern berechtigt? Nein! Oder zumindest in vielen Fällen nur sehr eingeschränkt. Wir haben uns einige Situationen angeschaut, die während der 60 Minuten immer wieder für Diskussionen sorgen und wollen versuchen, über teils recht verbreitete Irrmeinungen aufzuklären.

Der „Nullschritt“

Regel 7:3 der Internationalen Hallenhandballregeln legt fest, dass mit dem gefassten Ball höchstens drei Schritte ausgeführt werden dürfen. Interessant sind die nun folgenden Definitionen, was im Sinne der Regeln eigentlich ein Schritt ist. Unter den Buchstaben c) und d) wird nämlich festgelegt, dass nach einer Ballannahme im Sprung nicht bereits die Landung (egal ob mit einem Bein oder beiden Beinen gleichzeitig) ein Schritt ist. Als erster Schritt zählt erst der nach der erfolgten Landung ausgeführte Schritt. Da die Landung also nicht mitzählt, wird oft vom „Nullschritt“ gesprochen. Zu beachten ist dabei, dass all das nur gilt, wenn der betreffende Spieler den Ball im Sprung von einem anderen zugespielt bekommen hat. Beim Fangen des Balles nach einem Prellvorgang finden die genannten Regeln also keine Anwendung und bereits die Landung nach dem Fangen im Sprung ist der erste Schritt.

Fuß bewegen bei Wurfausführung

Bei der Ausführung von 7-Meter-Würfen wird häufig mit dem Ruf „Fuß bewegt!“ gefordert, den Wurf abzupfeifen und auf Freiwurf für den Gegner zu entschieden. Die einschlägige Regel 15:1 legt aber lediglich fest, dass „Werfer bei  der Wurfausführung mit einem Teil eines Fußes ununterbrochen den Boden berühren [muss] bis der Ball die Hand verlassen hat“. Solange der Werfer den Fuß nicht vom Boden abhebt, darf er ihn also bei der Ausführung eines 7-Meter-Wufrs bewegen und sogar damit über den Boden rutschen, sofern er nicht die 7-Meter-Linie berührt.

Kopftreffer beim Torwart

Bekommt ein Torwart einen Wurf an den Kopf, wird oft vehement eine Bestrafung des Werfers gefordert. Bei Würfen aus dem laufenden Spiel gibt es dafür regeltechnisch allerdings kaum eine Grundlage. Um den Werfer bestrafen zu können, müssten die Schiedsrichter von einem absichtlichen Kopftreffer ausgehen, was nur in absoluten Ausnahmefällen möglich sein dürfte. Die einzige Möglichkeit eine Strafe für einen Kopftreffer beim Torwart auszusprechen, ist der 7-Meter-Wurf. Wenn der Werfer dabei den Torwart am Kopf trifft und der Torwart den Kopf nicht Richtung Ball bewegt hat, wird der Werfer gemäß Regel 8:9 d) disqualifiziert. Dasselbe gilt übrigens für einen Werfer der bei einem direkt ausgeführten Freiwurf einen Abwehrspieler am Kopf trifft, Regel 8:9 e).

Wurf zum Ende der Spielzeit

Wenn zum Ende des Spiels oder der ersten Halbzeit ein Torwurf ausgeführt wird und während der Flugphase des Balles, bevor er die Torlinie überschritten hat das Schlusssignal ertönt, kann dieser Wurf nicht mehr zu einem Torerfolg führen. Erfolgte der Wurf aus dem laufenden Spiel, ist das Spiel oder die Halbzeit mit dem Ertönen des Signals schlicht beendet. Ertönt das Schlusssignal jedoch während der Ausführung eines Freiwurfs oder eines 7-Meter-Wurfs, muss dieser Wurf nach Regel 2:4 wiederholt werden. Ein Freiwurf oder 7-Meter-Wurf muss nach Regel 15:5 bzw. 14:4 binnen drei Sekunden nach dem Anpfiff des Schiedsrichters ausgeführt werden. Der Wurf wird entsprechend nur dann wiederholt, wenn für die Ausführung nach dem Anpfiff weniger als drei Sekunden Restspielzeit zur Verfügung standen. Wird der Wurf dagegen zum Beispiel bei einer Spielzeit von 59:57 angepfiffen, muss der Spieler ihn nach aktueller Klarstellung des DHB-Schiedsrichterausschusses in jedem Fall ausführen. Lässt er die drei Sekunden ohne Wurf verstreichen, ist das Spiel beendet und der Wurf wird nicht mehr ausgeführt.

Coaching während einer Verletzungsunterbrechung

Wenn die Schiedsrichter im Falle einer Verletzung das Betreten des Spielfeldes erlauben, dürfen zwei Personen der betreffenden Mannschaft zusätzlich das Spielfeld betreten. Gemäß Regel 4:11 dürfen sie dies ausschließlich, um den verletzten Spieler zu versorgen. Betreten Sie das Spielfeld, um anderen Spielern Anweisungen zu geben, sind sie wegen unsportlichen Verhaltens zu bestrafen (Regel 4:11 letzter Absatz). Zulässig ist es aber, auch während der Verletzungsunterbrechung aus dem Auswechselraum heraus Anweisungen an die Mannschaft zu geben. Die Spieler dürfen sich dazu auch in direkt am Auswechselraum aufhalten.

„Das ist doch ein Nullschritt“